Recht macht Schule

RECHT MACHT SCHULE

Heimliches Mitschneiden von Online-Unterricht

 
 

Ein aus der Covid-19-Pandemie erwachsendes neues Phänomen für Lehrkräfte ist das heimliche Aufzeichnen ihres Online-Unterrichts durch Schüler/-innen und bisweilen auch Erziehungsberechtigte. Was zunächst nur nach einem harmlosen Streich klingt, kann vielfältige rechtliche Folgen haben:

Gemäß § 201 des Strafgesetzbuchs (StGB) wird bestraft, wer unbefugt das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt oder eine so hergestellte Aufnahme gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht. Schulunterricht gilt laut Rechtsprechung als „nicht öffentlich“, da der Adressatenkreis eindeutig abgegrenzt ist. Bereits das Aufnehmen der Raumakustik ist mithin (im klassischen wie im Online-Unterricht) eine Straftat. Wird zusätzlich auch das Bild mitgeschnitten und ggf. gleichzeitig (per Livestream) oder später veröffentlicht, wird eine weitere Straftat gem. § 33 des Kunsturhebergesetzes verwirklicht. Neben den strafrechtlichen Sanktionen können als verwaltungs- bzw. schulrechtliche Reaktion außerdem Erziehungsmittel und Ordnungsmaßnahmen nach dem jeweiligen Landesschulgesetz (z. B. § 61 NSchG) verhängt werden.

Damit ist das Arsenal der Rechtsfolgen aber noch nicht erschöpft: Ein Mitschneiden kann auch gegen Urheberrecht verstoßen. Zwar ist die Nutzung zahlreicher urheberrechtlich geschützter Werke (analog wie digital) im Schulunterricht durch Privilegierungsvorschriften im Urheberrechtsgesetz (UrhG) erlaubt (insb. §§ 60a, 60b, 60h und 62 UrhG), sofern gewisse quantitative Rahmenbedingungen eingehalten werden. Nicht hiervon umfasst ist aber insbesondere das Recht, Inhalte an einen unbegrenzten Personenkreis weiterzugeben, wie dies etwa beim Streamen der Fall ist. Die Urheber*innen der im mitgeschnittenen Unterricht gezeigten Werke (Filmausschnitte, Musikstücke, Kunstwerke, Seiten aus Schulbüchern etc.) bzw. deren Verlage können daher teure Abmahnungen versenden und sog. fiktive Lizenzgebühren von der mitschneidenden Person fordern sowie diese ebenfalls strafrechtlich belangen (§ 106 UrhG).

Zuletzt kann auch das allgemeine Zivilrecht ins Spiel kommen: Die Nutzung der aufgezeichneten Unterrichtsteile kann per Unterlassungsverfügung verboten (§ 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in analoger Anwendung) und das Verbot mit einer Strafzahlung für jeden Verstoß sanktioniert werden.

Ob es sinnvoll ist, das Thema „anlasslos“ anzusprechen, oder ob man dadurch eher schlafende Hunde weckt, muss jede Schule und jede Lehrkraft für sich entscheiden. Spricht man es an, dürfte es angesichts der aufgezeigten zahlreichen Rechtsfolgen an abschreckender Wirkung jedenfalls nicht fehlen.

Dr. jur. Florian Schröder

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